Die Wehrpflicht wurde 2011 in Deutschland ausgesetzt, was einer Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes gleichkam. Dennoch ist im Wehrpflichtgesetz festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer wieder aufleben kann, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt. Trotz einer Personaloffensive schrumpfte die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf 181.500 Soldaten. Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ließ Pistorius verschiedene Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Er betonte die Notwendigkeit von Pflichtbestandteilen und sprach davon, Deutschland „kriegstüchtig“ zu machen, um glaubhaft abschrecken zu können.
Ein zentrales Thema in der Debatte um den Wehrdienst ist die Wehrgerechtigkeit, die verfassungsrechtlich geboten ist. Historisch gesehen gab es immer mehr wehrfähige Männer als benötigt, was oft als ungerecht empfunden wurde. Andere verpflichtende Dienste wie Schöffentätigkeiten oder Pflichtfeuerwehren existieren bereits. Eine erweiterte Dienstpflicht, die auch Rettungsdienste und den Katastrophenschutz umfassen könnte, wird ebenfalls diskutiert. Eine Dienstpflicht für junge Frauen würde eine Änderung des Grundgesetzes erfordern.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner, begrüßte die Pistorius-Pläne und forderte entschlossene Schritte für einen neuen Wehrdienst. Die Personalzahlen in der Bundeswehr seien auf den tiefsten Stand seit 2018 gefallen, und Wüstner betonte die Notwendigkeit einer "Erkenntniswende“ in der Verteidigungspolitik. Wer dies von sich behaupte, könne sich nicht pauschal gegen eine neue Wehrform oder Wehrpflicht wenden. Pistorius’ Vorstoß markiert einen wichtigen Schritt in der Diskussion um die Wehrpflicht und die Zukunft der Bundeswehr. Es bleibt abzuwarten, wie die politischen und gesellschaftlichen Debatten weiter verlaufen und welche konkreten Maßnahmen letztendlich umgesetzt werden.