Von den bisher 110 Ordnungsrufen entfallen 72 auf Abgeordnete der AfD – fast zwei Drittel. Dicht dahinter folgen fraktionslose Abgeordnete und die SPD, beide mit jeweils zehn Ordnungsrufen. Auffällig ist, dass der Ton der AfD laut Andreas Schulz, Generalsekretär der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus, oft gezielt auf eine Herabwürdigung der parlamentarischen Arbeit abzielt. Die AfD setze darauf, das System zu diskreditieren und die politische Debatte durch Provokationen zu dominieren. Petra Pau von der Linken kritisiert, dass die AfD systematisch versuche, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, um die Demokratie ins Lächerliche zu ziehen.
Ordnungsrufe als "Trophäen“
Einige AfD-Abgeordnete fallen besonders auf: Stephan Brandner führt mit 17 Ordnungsrufen, gefolgt von Beatrix von Storch mit 14. Auch fraktionslose ehemalige AfD-Mitglieder wie Matthias Helferich und Robert Farle erhalten häufig Ordnungsrufe. Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas äußert sich besorgt: Ordnungsrufe würden zunehmend als "Trophäen“ betrachtet. Die verbalen Entgleisungen reichen von "Kindermörder“ bis hin zu diskriminierenden Begriffen. Der scharfe Ton der AfD scheint auch andere Abgeordnete anzustecken und führt zu weiteren Ordnungsmaßnahmen.
Überarbeitung der Geschäftsordnung geplant
Angesichts der Eskalationen erwägt das Präsidium eine Verschärfung der Geschäftsordnung, um Wiederholungstäter stärker in die Schranken zu weisen. Auch Sanktionen für eine Anhäufung von Ordnungsrufen über längere Zeiträume sind im Gespräch. Ziel sei es, das Klima im Bundestag zu verbessern und zu verhindern, dass einzelne Abgeordnete die Funktionsfähigkeit des Parlaments untergraben.