Schon früher war Selenskyj kritisiert worden, die Gefahr zu spät erkannt und das Land nicht rechtzeitig geschützt zu haben – eine Debatte, die wegen des laufenden Krieges meist vertagt wurde. Bis jetzt. Saluschnyj selbst gilt in der Ukraine als populäre Figur, für viele sogar als möglicher politischer Rivale Selenskyjs. Schon während der verlustreichen Schlacht um Bachmut lagen die beiden über Kreuz: Der General wollte einen Rückzug, warnte vor sinnlosen Verlusten – Selenskyj fürchtete, ein Fall der Stadt könne westliche Unterstützung schwächen. Heute teilen zahlreiche Militärexperten Saluschnyjs Einschätzung.
Doch trotz der harten Worte richtet Saluschnyj auch eine deutliche Warnung an jene, die möglichst schnell Frieden um jeden Preis schließen wollen. Über Gebietsabtritte schreibt er: "Selbst wenn Russland die komplette Region Donezk einnehmen würde, wäre der Krieg damit nicht beendet. Das politische Ziel wäre damit nicht erreicht. Russland will Bedingungen schaffen, die den Zerfall der Ukraine auf militärischer, wirtschaftlicher und politischer Ebene herbeiführen.“ Nur starke, belastbare Sicherheitsgarantien könnten Moskau langfristig stoppen, ist sich Saluschnyjs sicher.